PunctumTube - Analytics-Plattform für Digital Twins auf Basis von 3D-Punktwolken
3D-Punktwolken etablieren sich zunehmend als universelle Geodaten, die räumliche Umgebungen in nahezu allen Geoskalenbereichen im Sinne von „Digital Twins” generisch repräsentieren. Das Vorhaben erforscht und entwickelt eine serviceorientierte Plattform für das effiziente Datenmanagement von georeferenzierten, zeitvarianten 3D-Punktwolken und für darauf operierende Geospatial-Analytics-Funktionen. Die Plattform harmonisiert, klassifiziert und kompaktifiziert 3D-Punktwolken beim Hochladen in eine cloud-basierte Datenbank (Upload-Services) auf Grundlage einer 4D-Punktwolken-Datenhaltung. Sie stellt Funktionen bereit, zu gegebenen räumlichen und semantischen Kriterien on-demand Geodaten abzufragen bzw. Geodatenprodukte zu synthetisieren (Download-Services) sowie webbasiert zu visualisieren (3D-Viewing-Services) – im übertragenen Sinn bildet PunctumTube eine Art „YouTube für 3D-Punktwolken”.
Die Implementierung beinhaltet hochperformante Algorithmen zur Punktklassifikation und Objektdetektion mit Hilfe maschinellen Lernens sowie zur Out-of-Core-Prozessierung, um die Massivität von 3D-Punktwolkendaten zu bewältigen. Die Plattform stellt Fachfunktionalität, wie z.B. 3D-Spatial-Query, 3D-Differenz-Analyse und 3D-Viewing, bereit und definiert ein Fachschalenkonzept, mit dem generische und domänenspezifische Erweiterungen systematisch entwickelt und im Plattformökosystem verankert werden können. PunctumTube schafft insgesamt datentechnische, algorithmische, systemtechnische und operative Voraussetzungen zur direkten Nutzung von 3D-Punktwolken in IT-Anwendungen, IT-Systemen und Web-Services, die damit 3D-Punktwolken als universell einsetzbare Digital Twins, 3D-Referenzumgebungen, 3D-Modelle und 3D-Geodatenkategorie unterstützen und nahtlos über servicebasierte Plattformfunktionen mit eigenen Daten und Diensten verknüpfen können. Ein breites Spektrum an Anwendern, Dienstleistern und Industrien in unterschiedlichsten Domänen können so die Digitalisierung von geodatenbezogenen Verwaltungs- und Wirtschaftsprozessen vorantreiben.
Konzept
Die Analytics-Plattform ist eine Lösung für das zentrale Problem der effizienten Datenhaltung, Prozessierung und Bereitstellung von massiven 3D-Punktwolken . Sie besteht aus einer Reihe von Lösungsbausteinen, die technisch durch verschiedene Komponenten realisiert werden.
- 4D-Punktwolken-Datenstruktur: Der Systemkern beruht auf einer Datenstruktur zur Repräsentation von 3D-Punktwolken aus unterschiedlichen Erhebungen und Zeitpunkten; es entstehen so multitemporale 3D-Punktwolken, hier bezeichnet als 4D-Punktwolken. Räumliche Datenstrukturen wie Octrees und kD-Trees wurden deshalb um Konzepte für den effizienten Zugriff hinsichtlich der Zeitdimension erweitert und bzgl. Redundanz optimiert.
- Level-of-Details (LOD) & Out-of-Core (OoC) Processing: Die Datenmassivität erfordert eine Kombination von Level-of-Detail-Datenstruktur und Out-of-Core-Processing-Strategie, da die Plattformfunktionen nur so skalierend bereitgestellt werden können. Anwendungen und Systeme benötigen sowohl großflächige 3D-Punktwolken als auch hochdichte 3D-Punktwolken, die auch zukünftig verfügbare Speicher und Rechenkapazitäten bei Weitem übersteigen. 3D-Punktwolken werden dazu in verschiedenen Level-of-Detail anlegt und Verarbeitungsprozesse mit Out-of-Core-Algorithmen umgesetzt, wobei die Redundanz auch zwischen den LODs minimiert wird.
- Georeferenzierung und Harmonisierung: Die Plattform übernimmt die einheitliche Georeferenzierung und Harmonisierung von 3D-Punktwolken, indem die Punktdaten dekodiert, in ein einheitliches Referenzsystem transformiert und in eine einheitliche technische Datenstruktur überführt werden, sodass die Prozessierung vereinfacht und effizient ausführbar sind.
- Klassifikation: Im Funktionskern sind Klassifikationsalgorithmen verankert, die eine Attributierung der Punkte einer 3D-Punktwolke ermöglichen, die so nicht nur semantisch angereichert (Klassifikation), sondern zugleich in Teilpunktwolken der einzelnen Kategorien aufgeteilt (Segregation) werden können, beispielsweise Bebauung, Vegetation, Gelände, Wasser und Infrastruktur. Ansätze auf Basis von maschinellem Lernen werden über die Plattform unmittelbar in Wert gesetzt. Hier ermöglichen insbesondere Deep-Learning-Verfahren und Convolutional Neural Networks (CNNs) eine automatisierte und effiziente Klassifizierung und die Implementierung von Objektableitungsverfahren.
- 3D-Spatial Query: Zielgebiete können nicht nur über ein geographisch definiertes Gebiet, sondern auch über Referenzstrukturen (z.B. Straßennetze) oder Zeiträume spezifiziert werden. Zudem bilden Punktklassen (gemäß Klassifikation) Teil einer Abfragespezifikation. Weiterhin kann pro Abfrage die räumliche Ausgabedichte für die Ergebnisse angegeben sowie ein Zielgitter festlegt werden, in das vorhandene Punkte der 3D-Punktwolken abgebildet wird.
- 3D-Differenzanalysen: Diese Analysen berechnen a) die Differenz zu einer weiteren 3D-Punktwolke derselben Region und b) die Differenz zu einer gegebenen Soll-Geometrie. Die Differenzanalyse ist eine grundlegende Operation für Fachfunktionen, die Vergleiche erfordern. Differenzanalysen benötigen Nearest-Neighbor-Tests (NN-Tests) für einzelne Punkte, die angesichts der Datenmengen hoch kritisch für die Performance sind. Die Plattform verwendet für diese essentielle und elementare Grundfunktion hoch-performante GPU-beschleunigte NN-Tests.
- Attributierung: Häufig werden im Zuge der Punktwolkenerfassung weitergehende Daten, z.B. RGB-Farbbilder oder Wärmebilder nebenläufig oder verfahrensintegriert erfasst. Solche georeferenzierten Bild- und Fachdaten können als Attribute den einzelnen Punkten zugeordnet werden. Die Plattform stellt hierfür entsprechende grundlegende Attributierungsverfahren bereit.
- Plattform-API: Das API bildet die offene Schnittstelle zu den Plattformfunktionen, sodass diese darüber nahtlos in bestehende Anwendungen, Dienste und Systeme integriert werden können. Die Umsetzung eines REST API stellt sicher, dass eine moderne und einheitliche Schnittstelle für verteilte Systeme, Web-Services und die SaaS-Plattform allen Anwendern bereitsteht.
- 3D-Viewing: Das webbasierte 3D-Viewing ermöglicht den interaktiven, direkten Zugang zu Punktwolkendaten der Plattform im Web-Browser. Das Echtzeit-Renderingverfahren basiert auf der LOD-Struktur der internen Datenrepräsentation. Zugleich wird eine Benutzungsschnittstelle bereitgestellt, die eine direkte Interaktion in der 3D-Referenzumgebung ermöglicht. Die eingesetzten Renderingverfahren sind für beliebig große Datenmengen skalierbar und adaptiv bezüglich räumlicher und semantischer Kriterien. Die Verfahren basieren auf effizienten Streaming der LOD-Daten, und unterstützen photorealistische und technisch-wissenschaftliche Darstellungen.
- Extensions Modules: Das Fachschalen-API ermöglicht IT-Entwicklern, fachspezifische Funktionen auf Basis der Plattform aufzusetzen, die z.B. für bestimmte Domänen benötigt werden oder mit denen neue Leistungsmerkmale in die Plattform integriert werden können. Über das API erhalten Softwareentwickler einen effizienten Zugang zum Funktionskern. Das API stellt auch eine Schnittstelle für Metadaten bereit, die den Service beschreiben. Dieses Konzept schafft die Voraussetzung für die wirtschaftlich und technisch sinnvolle Teilhabe Dritter an der Plattform und deren breite Weiterentwicklung.
- Prototypische Fachschale Asset Erkennung: Mit dieser Fachschale wurde ein Anwendungsfall umgesetzt, der eine fachspezifische Klassifizierung der 3D-Punktwolke erfordert und darüber hinaus weitere relevante Strukturdaten mit Hilfe von maschinellen Lernen ableitet. Ein Klassifikationsverfahren bereitet 3D-Punktwolken für die weitere Auswertung vor. Ausgehend von klassifizierten 3D-Punktwolken werden die Strukturen über neuronale Netze analysiert. Die Strukturdaten charakterisieren die “Assets”, indem Eigenschaften wie Höhe, Volumen, Fußpunkt, Durchfahrtshöhe oder ein konkreter Objekttyp abgeleitet werden. Diese abgeleiteten Objektinformationen sind z.B. wesentlich für Gemeinden und Infrastrukturbetreiber, um Infrastruktursicherungspflichten nachzukommen, die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen umzusetzen und Risiken zu beurteilen.
Projektpartner
Point Cloud Technology GmbH
August-Bebel-Str. 26-53
14482 Potsdam
Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH
Fachgebiet Computergrafische Systeme
Prof.-Dr.-Helmert-Str. 2-3
14482 Potsdam
Gefördert duch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01IS18090-A/B.
Kontakt
E-Mail Point Cloud Technology: info(at)pointcloudtechnology.com
E-Mail Hasso-Plattner-Institut: office-doellner(at)hpi.de
Impressum
Hasso-Plattner-Institut für Digital Engineering gGmbH
Prof.-Dr.-Helmert-Str. 2-3
D-14482 Potsdam
Amtsgericht Potsdam, HRB 12184
Geschäftsführung: Prof. Dr. Christoph Meinel